Archiv der Kategorie: Interessengemeinschaft Feministische Theologinnen

Wir trauern um Vreni Keller-Habermacher

Die Seelsorgerin Vreni Keller-Habermacher (15.10.1957 – 8.3.2024) ist auf einer Reise nach Thailand im Alter von 66 Jahren verstorben. Die Präsidentin des Frauennetzwerkes «Fra-z» brannte für feministische Spiritualität. «Es bleibt eine schmerzende menschliche Lücke», schreibt Jeannette Simeon-Dubach. Die FrauenKirche war ihre kirchliche Rettung, sagt die Theologin Regula Grünenfelder.

Die Luzerner Theologin und Seelsorgerin Vreni Keller-Habermacher ist im März auf einer vierwöchigen Reise nach Thailand verstorben. Am Abend ihrer Ankunft ist sie tödlich verunfallt, heisst es in einer Infomail von «Fra-z». «Die Nachricht von ihrem plötzlichen Tod hat uns tief getroffen und erschüttert. Es bleibt eine schmerzende menschliche Lücke», schreibt Jeannette Simeon-Dubach darin.

Vreni Keller-Habermacher war Präsidentin von «Fra-z», einem Projektnetzwerk für Frauen der Zentralschweiz. «Als sich die FrauenKirche Zentralschweiz 2019 auf einen Change-Prozess begab, war Vreni von Anfang an dabei», heisst es in der Würdigung, die die fra-z Beirätin Moni Egger verfasst hat.

«Als erfahrene Theologin und fra-z-Präsidentin schuf sie eine Verbindung zwischen dem Gewesenen und dem Neuen», so die Würdigung. «Sie engagierte sich mit Mitgefühl und mit strahlender Freude, Beharrlichkeit und unermüdlichem Mut, Klarheit und Grosszügigkeit.» Die 66-Jährige brannte für die Anliegen feministischer Theologie und Spiritualität. Ebenso war sie offen für die Ideen, Wünsche und Bedürfnisse der jüngeren Generationen. Vreni Keller-Habermacher fehle nicht nur als Mensch, sondern auch als Feministin, heisst es weiter.

Vreni Keller Habermacher hat die fra-z als Organisation in der IG vertreten und war auch schon einige Male an der Hauptversammlung anwesend.
Der Abschiedsgottesdienst mit Urnenbeisetzung findet am Freitag, 19. April, um 9.15 Uhr in der Pfarrkirche Gerliswil LU statt.

> Hier gehts zum ganzen Artikel in kath.ch

Ehrung von Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet

Anlässlich der Preisverleihung des Herberg Haag Preises an die beiden Schwestern Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet am Sonntag den 3. März in Luzern weisen wir auf einen Artikel in kath.ch hin, der die beiden IG-Mitbegründerinnen ehrt.

Zudem ist ein spannender Postcast von Sandra Leis in «laut und leis» über die beiden Schwestern erschienen.

Einen weiteren Postcast könnt ihr ebenfalls hier nachhören, aufgenommen anlässlich der Perspektivensendung vom 3. März!

Wir danken unserer langjährigen Vorstandsfrau Doris und ihrer Schwester Silvia für ihr ausdauerndes Engagement in und ausserhalb der kirchlichen Strukturen zur Befreiung der Frauen und freuen uns, mit ihnen weiterhin auf dem Weg zu sein.

Vorstand und administrative Geschäftsleitung der IG

HV 11. März 2024 I 18.00 – 20.30 I AKI Zürich

Einladung zur Hauptversammlung 2024 und
zum Referat von Ann-Katrin Gässlein:
«Ich will von euch nichts, also ihr dürft mich sogar wegschicken.»
Liturgie und Seelsorge für und mit Frauen im Sexgewerbe

Beginn um 18.00 Uhr  im > > aki, katholische Hochschulgemeinde Zürich
Pause mit Getränken & Snacks um 19.00

Referat um 19.30 – 20.30 Uhr:  > > Flyer_Liturgie und Seelsorge im Sexgewerbe

Dokumente zum Herunterladen:

Anmeldung bitte bis Montag, 4. März an: sekretariat [at] feministische-theologinnen [dot] ch.

Preisverleihung Herbert Haag Preis 2024 in Luzern

Der Herbert Haag Preis 2024 geht an die Schweizer Theologinnen und Publizistinnen Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet! Der Preis ehrt sie für ihr jahrzehntelanges, gemeinsames Engagement als Pionierinnen feministischer Theologie in der Schweiz.

Ebenfalls ausgezeichnet wird Prof. em. Norbert Lüdecke, Bonn. Die Verleihung würdigt seine Aufklärungs- und Aufdeckungstheologie als Kirchenrechtler und sein Engagement als Rechtsbeistand für Theologinnen und Theologen in kirchlichen Konfliktsituationen.

Die Preisverleihung findet am Sonntag, 3. März 2024 in Luzern statt.
> Programm & Einladung zur Preisverleihung
> Anmeldekarte

 

Marga Bührig Preis 2023

Der Marga Bührig Preis 2023 geht an Katharina Merian

Remembering Marielle Franco – Towards a «dangerous memory» of individual and collective self-empowerment. Dissertation, Universität Basel, 2023
Katharina Merian setzt sich mit dem Leben und Wirken der 2018 ermordeten brasilianischen Menschenrechtsaktivistin und Stadträtin Marielle Franco auseinander. Ihre Arbeit ist feministisch- wie befreiungstheologisch weiterführend. Sie zeigt auf überzeugende weise auf, wie das Konzept der „gefährlichen Erinnerungen“ diskriminierte Menschen ermächtigt. Trotz des komplexen Themas ist die Lektüre leicht und immer wieder berührend.

> Hier gehts zur laudatio

„Sie laufen und werden nicht müde – oder doch?

Erschöpfungssymptome benennen und strukturell verstehen.
Frauen- und Genderkonferenz vom 1. Juni 2023.

Von Laura Klingenberg

Ein Tag mit spannenden Beiträgen und angeregten Diskussionen bleibt mir in Erinnerung. Als Grundlage diente ein Referat von der Genderforscherin und Autorin Franziska Schutzbach zu ihrem Buch «Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit.». Auf Basis des aktuellen Forschungsstands zeigte sie auf, dass Care-Arbeit nach wie vor weiblich konnotiert ist und von vielen Frauen unentgeltlich übernommen wird. Nach Schutzbach fungieren Frauen nebst ihrer Berufstätigkeit oft als «Sozialpuffer» und springen dort ein, wo Care-Arbeit gefragt und ermangelt ist. Diese Beziehungsarbeit koste neben zeitlichen Ressourcen auch viel mentale Kraft. Erschöpfung stellt sich ein. Durch eine Podiumsdiskussion zwischen Nadja Boeck, Marie-Claude Ischer, Franziska Schutzbach und Gabriela Allemann wurden die Gründe für die Erschöpfung von Frauen auf Basis der persönlichen Erfahrungen der Diskussionsteilnehmerinnen vertieft analysiert. Dabei wurden unter anderem über Themen diskutiert, wie die zunehmend beobachtbare Erschöpfung von weiblichen Jugendlichen aufgrund von Perfektionsdruck sowie die Herausforderungen und Gefahren hinsichtlich Erschöpfung, die sich in kirchlichen Strukturen wiederfinden. Boeck erzählte in diesem Zusammenhang vom «Pfarrerinnen-Stammtisch», der sie gemeinsam mit einer Pfarrkollegin gründete, mit dem Anliegen, sich unter Pfarrerinnen im beruflichen Alltag gegenseitig «empowern» zu können. Unterteilt in verschiedene Gruppen wurde am Nachmittag weiter über die persönlichen Erfahrungen und Wahrnehmungen dieses Themenfelds in den verschiedenen kirchlichen Berufs- und Engagementfelder diskutiert.

Ausführlicher Bericht zur Tagung:
> https://www.evref.ch/bericht-zur-frauen-und-genderkonferenz/

Artikel zum Buch „Die Erschöpfung der Frauen.
Wider die weibliche Verfügbarkeit“ von Franziska Schutzbach
> https://www.woz.ch

Feministischer (Kirchen-) Streiktag_14. Juni 2023

Medienmitteilung des OK «Gleichberechtigung.Punkt.Amen»
>>> Flyer_International Women’s Day

Die Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) fordern beim nationalen Feministischen Streik am 14. Juni 2023 als Teil des OK „Gleichberechtigung. Punkt. Amen“ die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in den Schweizer Kirchen.

Die Evangelischen Frauen Schweiz (EFS) nehmen am 14. Juni 2023 als Teil des Organisationskomitees „Gleichberechtigung. Punkt. Amen“ in Bern am Feministischen Streik teil und richten ihre Forderungen an die Schweizer Kirchenlandschaft. Sie setzen sich ein für die tatsächliche Gleichstellung in den Kirchen und appellieren an deren gesamtgesellschaftliche Verantwortung.

Feministische Forderungen
„Obwohl sich in den vergangenen Jahren bereits einiges in Richtung Gleichstellung bewegt hat, braucht es in den Kirchen der Schweiz weiterhin viel Arbeit und Sensibilisierung für das Thema“, so Gabriela Allemann, Präsidentin EFS. Kernforderungen sind daher die gleichberechtigte und gleichgestellte Teilhabe in allen Ämtern (#inklusivestatt-destruktiv), eine erhöhte Sichtbarkeit der Arbeit der Frauen (#lassihrraum), generelle strukturelle Veränderungen wie bessere Vereinbarkeit der Arbeit in den Kirchen mit dem Privatleben (#gleichberechtigungstattsexismus) sowie eine bewusste Hinwendung zu feministischen Theologien (#gottistkeinmann).
Vorbereitung auf den Feministischen Streik.

Podium in der Heiliggeistkirche Bern
Um sich auf den Streik einzustimmen und den kirchenpolitischen Forderungen Kraft zu geben, geht der Streiktag um 14.00 Uhr in der Heiliggeistkirche Bern los. Zu Beginn diskutieren Mentari Baumann, Geschäftsführerin der Allianz Gleichwürdig Katholisch, Ursula Marti, Synodalrätin der Reformierten Kirchen BernJuraSolothurn, Stefanie Arnold, christkatholische Theologin und Maria Regli, Geschäftsführerin IG Feministische Theologinnen gleichstellungsrelevante Positionen für die aktuelle Kirchenpolitik. Moderiert wird das Podium von der Fernsehfrau Heidi Kronenberg. „Wir freuen uns, so erfahrene Frauen aus der Kirchenpolitik, dem universitären Umfeld und der aktivistischen Arbeit gewinnen zu können, die mit uns die aus ihrer Sicht drängendsten gleichstellungsrelevanten Forderungen in Kirche und Gesellschaft diskutieren.“,
so Karin Künti, Pfarrerin Heiliggeistkirche Bern.

Workshops und Demo
Im Anschluss an das Podium stimmen sich die Anwesenden ganz konkret auf den grossen
Umzug ein. Es können offizielle Streiktag-T-Shirts gekauft und Transparente beschrieben
werden. Auch wird mit dem Frauenstreikchor ein feministisches Streiklied, unter der Leitung
von Jaqueline Zimmermann (Leiterin transkulturelle Singgruppe Biel), einstudiert.
Abgerundet wird der Anlass mit einem spirituellen Impuls. Für leichte Verpflegung und
Getränke wird gesorgt sein. Zur Deckung der Unkosten freuen sich die Veranstalterinnen
über eine Kollekte.

Mitglieder des Organisationskomitees „Gleichberechtigung.Punkt.Amen“:
Gabriela Allemann, Präsidentin Evangelische Frauen Schweiz (EFS)
Jana König, Geschäftsleiterin EFS
Maria Regli, Geschäftsstellenleiterin IG feministische Theologinnen
Karin Künti, Pfarrerin Kirchgemeinde Heiliggeist Bern
Ute Knirim, katholische Theologin/Pfarreiseelsorgerin St. Josef, Köniz und St. Michael,
Wabern

Medienauskünfte:
Gabriela Allemann, Präsidentin EFS

Flyer zur Medienmitteilung:
MM Feministischer Streik 2023 Evangelische Frauen Schweiz EFS(3)

Marielle Franco: Eine Märtyrerin der heutigen Zeit?

Karfreitag und Ostern heute – ein Audiobericht in der Sendung „Perspektiven“ von SRF

Unsere Vorstandskollegin Katharina Merian hat in ihrer Dissertation über das Leben und den gewaltsamen Tod von Marielle Franco recherchiert. Marielle, geboren 1979 in den Favelas von Rio de Janeiro, hat es über diverse Hürden bis an die Universität und 2014 in den Stadtrat von Brasilien gebracht. Als lesbische Aktivistin hat sie sich für die Menschenrechte, vorallem für jene der schwarzen Frauen am Rand der Gesellschaft eingesetzt. Und weil ihre Stimme als Politikerin immer lauter wurde und sie an den rechtskonservativen gesellschaftlichen Strukturen in Brasilien rüttelte, wurde sie für die Machteliten zu gefährlich. Der Vergleich mit dem Leben und Sterben Jesu könnte nicht passender sein:

https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/marielle-franco-in-brasilien-vergleicht-man-sie-mit-jesus-christus

13.3.2023: HV (18-19) und Referat (19.30-20.30)

Einladung zur Hauptversammlung 2023 um 18 – 19h
und zum Referat von Annette Spitzenberg:
«Inanna–Dumuzi–Jesus»:
Ein Schlaglicht auf heutige Genderfragen um 19.30 – 20.30 inkl. Diskussion: Flyer_Referat

Ort:  aki, katholische Hochschulgemeinde, Hirschengraben 86 in Zürich

Traktanden der HV:
1. Begrüssung
2. Traktandenliste und Wahl der Stimmenzählenden
3. Protokoll der HV 2022
4. Jahresbericht 2022 (auf Website ab 13.3.2023)
5. Jahresrechnung 2022 & Bericht der Revisor*innen (auf Website ab 13.3.2023)
6. Budget 2023
7. «Frauen des Monats» 2022
8. Verabschiedung von Doris Strahm aus dem Vorstand und Suche nach einer Nachfolgerin
9. Kommunikative Vernetzung – Vision – Austausch
10. Mitteilungen/Berichte/Anfragen der Anwesenden
11. Abschlussritual «An Frauen denken»

Pause: Snacks und Getränke

Referat: «Inanna – Dumuzi – Jesus:
Ein Schlaglicht auf heutige Genderfragen». Gender- und Queeraspekte des ältesten uns schriftlich zugänglichen sumerischen Mythos der Inanna im Vergleich mit Jesus

Referentin: Annette Spitzenberg, reformierte Pfarrerin und freischaffende Theologin vgl. www.wagana.ch; anschliessend Diskussion

Offizielles Ende: 20.30 Uhr.

Anmeldung für HV und Referat bitte bis zum 1. März an:
sekretariat [at] feministische-theologinnen [dot] ch.

Organisation: Vorstand und Geschäftsleitung: Tina Bernhard-Bergmaier, Katharina Merian, Doris Strahm, Ann-Katrin Gässlein, Laura Klingenberg und Maria Regli

Dokumente:
> Jahresbericht 2022_def
> Jahresrechnung 2022
> Revsionsbericht IG Fem 2022

 

Jahrestagung_Post Beijing Schweiz_15.10.2022


Die IG Feministische Theologinnen ist institutionelles Mitglied der NGO-Koordination post Beijing Schweiz. Diese ist ein Netzwerk von aktuell 35 Organisationen, die sich
für die Umsetzung des Aktionsplans zur Gleichstellung von Frau und Mann und der Frauen*rechtskonvention CEDAW einsetzen. Hier ein Bericht von der Jahrestagung der NGO-Koordination post Beijing am 15. Oktober 2022 in Bern

 

V.r.: Jana König, Geschäftsführerin der NGO-Koordination post Bejing, Hilary Gbedemah, Mitglied des UN CEDAW-Komitees und Esther Gisler Fischer, die Autorin dieses Beitrags

Esther Gisler Fischer

Vor 25 Jahren wurde das wichtigste internationale Instrument zur Erreichung der Gleichstellung der Frau* von der Schweiz ratifiziert: Das «Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau* CEDAW – Committee on the Elimination of Discrimination against Women». Es wurde am 18. Dezember 1979 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet (Resolution 34/180) und trat am 3. September 1981 in Kraft. CEDAW ist das wichtigste völkerrechtliche Menschenrechtsinstrument für Frauen. Die Vertragsstaaten werden zur rechtlichen und faktischen Gleichstellung von Frauen in allen Lebensbereichen, einschliesslich der Privatsphäre, verpflichtet. Der Staat darf nicht nur nicht selbst gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstossen, sondern er muss auch aktiv dafür sorgen, faktische Chancengleichheit in der gesellschaftlichen Realität zu erreichen. Er ist verpflichtet, eine aktive Politik zur Beseitigung der Diskriminierung von Frauen zu verfolgen.
Das Übereinkommen verpflichtet die Vertragsstaaten zur Berichterstattung an den UNO-Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau, der als Kontrollorgan fungiert. Der erste Bericht ist innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat fällig, danach mindestens alle vier Jahre.

Für die Staatenberichte der Schweiz zur Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ist das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann zuständig. Das Übereinkommen wird durch ein Fakultativprotokoll, welches ein Individualbeschwerdeverfahren sowie ein Untersuchungsverfahren vorsieht, ergänzt. Am 6. Oktober 1999 hat die UNO Generalversammlung das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau verabschiedet. Das Fakultativprotokoll trat am 22. Dezember 2000 in Kraft. Frauen haben die Möglichkeit, gegen konkrete Fälle von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beim Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau eine Individualbeschwerde einzureichen. Das Fakultativprotokoll sieht neben dem Mitteilungsverfahren auch ein Untersuchungsverfahren in schwerwiegenden Fällen von Diskriminierung vor. Die Schweiz hat das Fakultativprotokoll am 29. September 2008 ratifiziert, am 29. Dezember 2008 trat es für unser Land in Kraft.

CEDAW als Rechtsinstrument ist leider einer breiten Schweizer Öffentlichkeit bis heute weitgehend unbekannt. Auch Anwält*innen und Richter*innen wissen häufig nicht, wie sie das Übereinkommen in Gerichtsverfahren anwenden können. Deshalb nahm am 15. Oktober 2022 die Jahrestagung der NGO-Koordination post Beijing gemeinsam mit Business Women Switzerland dieses Jubiläum auf. Unter dem Titel: «CEDAW in der Praxis: Wie arbeite ich damit?» trafen sich rund 30 Frauen, um sich damit vertraut zu machen und deren Geltung und Anwendung in der Schweiz zu ergründen und zu diskutieren.

Die Tagung wurde mit einem Impulsreferat von Hilary Gbedemah, Rechtsanwältin aus Ghana und Mitglied des CEDAW-Ausschusses, eröffnet. Unter dem Titel «From global to local – Validity and application of CEDAW in Switzerland. The convention in practice: how do I work with it?» verschaffte sie den Zuhörerinnen einen Überblick über die Anwendung von CEDAW in der Schweiz. Sie weilte in der Schweiz, um in Genf im Namen der UNO den Staatenbericht der offiziellen Schweiz entgegen zu nehmen. Und zudem den von der NGO-Koordination post Beijing Schweiz als Dachorganisation von 35 Frauenorganisationen und gemischten NGOs erhobenen unter Mitautor*innenschaft der Mitglieder und weiteren Expert*innen erhobenen sog. ‚Schattenbericht‘, einem Alternativbericht zum Staatenbericht. Dem Bericht geht ein Monitoring voraus. Es dient dem Beobachten, ob der Staat seine Verpflichtungen einhält, Empfehlungen umsetzt oder gegen Verpflichtungen verstösst. Sinn und Zweck eines Schattenberichtes ist es, dem Ausschuss Informationen über die in der Konvention festgeschriebenen Rechte zur Verfügung zu stellen (Status der Umsetzung und mögliche Massnahmen zur Verbesserung). Dies nicht nur im Hinblick auf den Status in der Schweiz, sondern auch im Vergleich zu den Informationen des Staatenberichtes. Er ist eine Kritik des Staatenberichtes: Missrepräsentationen und Divergenzen zwischen Staat und Zivilgesellschaft sollen aufgezeigt werden. Ein grosses Knackpunkt bei dem allem seien fehlende Daten über die Lebenssituationen der Frauen in der Schweiz.

Im aktuellen Schattenbericht der Schweiz haben der SKF (Regula Ott) und die IG Feministische Theologinnen (Doris Strahm) im Kapitel „Stereotypen“ einen kurzen Bericht zur Rolle von Religion bezüglich diskriminierender Stereotypen verfasst:

Religion: Die römisch-katholische Kirche und evangelikale Kreise tragen zu diskriminierenden Stereotypen bei. Traditionelle Geschlechterrollen von Mann und Frau und Heteronormativität werden als göttliche Schöpfungsordnung dargestellt; es wird ein negatives Bild von Frauen und LGBTIQ-Frauen/Männern/nicht-binären Personen gezeichnet, das auch heute noch im säkularen Bereich zu spüren ist. Durch den Ausschluss von Frauen von der Ordination verstösst auch die römisch-katholische Kirche gegen das Landesgleichstellungsgesetz. Wie eine neue Schweizer Studie zeigt, hat die Religion einen entscheidenden Einfluss auf die Gewaltbereitschaft junger Männer. Forderung an den Staat: Die Freiheit der Religion und der Religionsgemeinschaften darf nicht höher bewertet werden als der Verfassungsgrundsatz der Gleichstellung der Geschlechter.“

Die anschliessenden Workshops zu verschiedenen Aspekten der CEDAW brachten die Teilnehmerinnen von der internationalen Ebene zur nationalen Umsetzung und deren Herausforderungen:

In «CEDAW in Rechtpraxis und -politik: Wie können wir das Potential besser nutzen?» zeigte Dr. iur. Erica Schläppi, Konsulentin auf den Gebieten Governance und Menschenrechte auf, was CEDAW bedeutet, welche Möglichkeiten bestehen, die darin beschriebenen Rechte von Frauen auf dieser Ebene einzufordern Die EMRK wie auch die CEDAW sowie die Kinderrechtskonvention enthalten Menschenrechte, die für familienrechtliche Angelegenheiten von Bedeutung sein können. Zudem sehen alle drei Instrumente international Beschwerdeverfahren vor, die auch von der Schweiz akzeptiert werden. Leider hören Jurist:innen in der Ausbildung wenig über diese Konventionen und wie sie anzuwenden wären. Da besteht dringender Handlungsbedarf!

In der Gruppe zu «Gender Pension & Pay Gap – gesetzliche Grundlagen und Handlungsmöglichkeiten von Politik und Wirtschaft. Was muss die Schweiz noch tun, um den Vorgaben von CEDAW zu entsprechen?» informierten Beatrice Lüthi, Präsidentin BPW Oberaargau & Brigitte Ramseier, Co-Geschäftsführerin BPW Switzerland über die leidige Tatsache, dass Frauen in der Pensionskasse ganz eindeutig diskriminiert sind, weil sie durch unbezahlte Care-Arbeit, Teilzeitarbeit und tiefe Einkommen im bestehenden Pensionskassensystem oftmals nicht versichert sind. Auch weil der Koordinationsabzug für viele zu hoch ist. Das heisst: Mit Einkommen unter 25‘000 werden sie von keiner Pensionskasse aufgenommen. Das soll ja jetzt u.a. mit einem tieferen Koordinationsabzug verbessert werden. Und: Bei Lohnverhandlungen müssten Frauen unbedingt auch die Frage nach dem Vorsorgeplan des betreffenden Arbeitgebers/Arbeitgeberin stellen, was die meisten leider nicht machten. Die Folge ist Altersarmut, insbesondere für Frauen.

Ich selbst habe im Workshop zum Thema «CEDAW & die Vereinbarkeit von Familie und Beruf», geleitet durch die glp-Nationalrätin Melanie Mettler teilgenommen. Zur Sprache kam da das Risiko einer Elternschaft für Frauen und dass die Mutterschaftsversicherung nicht unbedingt die Gleichstellung fördert, wie es ein Elternurlaub tun würde, bei dem auch die Väter die Versorgung von Babies und Kleinkindern übernehmen könnten. Als Hürde für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wurde auch die hohen Kosten für einen Kita-Platz genannt und besonders auf dem Land das nicht ausreichende Angebot derselben. Auch, dass die Kosten dafür nicht bei den Steuern voll abgezogen werden können, wie es etwa für ein Auto möglich ist.
Auch das Thema Teilzeit in Führungspositionen kam zur Sprache: Am besten ist es, wenn der CEO eines Unternehmens Gleichstellung vorlebt. Doch auch Initiativen ‚bottom up‘ sind hilfreich: Wenn nämlich Angestellte sich selbst im Jobsharing organisieren. Klar wurde auch, dass sich weisse Mittelstandsfrauen nicht einfach auf die schlecht bezahlte Care-Arbeit von Migrantinnen abstützen sollten, um ihre Gleichstellung voranzutreiben.

Der Workshop zum Thema «Rollenstereotype – Handlungsbedarf!» mit Vivian Fankhauser-Feitknecht, Co-Präsidentin NGO-Koordination post Beijing Schweiz & Dr. iur. Mirjam Werlen, InterAction Schweiz, fiel leider wegen mangelndem Interesse aus. Dennoch finde ich das Thema wichtig. In dem von mir besuchten Workshop war es zumindest als Querschnittsthema präsent: Vorstellungen von Rollen von Männern und Frauen sind unbewusst sehr virulent und prägen unser Denken und Handeln. Dazu oben auch der Auszug aus dem Schattenbericht.

Abgerundet wurde der Anlass durch einen feinen bernischen regionalen Apéro, der den anwesenden Frauen Gelegenheit bot, sich zu begegnen und auszutauschen. Ein vollkommen gelungener Anlass, welcher mich ermutigte, an den Themen von Gleichstellung, aber auch Gerechtigkeit dran zu bleiben. Als feministische Theologin frage ich mich, inwiefern CEDAW helfen könnte, die Gleichstellung von Frauen in Religionsgemeinschaften auf dem rechtlichen Wege einzufordern. Es wäre vielleicht einen Versuch wert?

Weitere Infos zum Thema:

– Erklärfilm zur CEDAW: https://www.postbeijing.ch/de/frauenrechte/cedaw-die-frauenkonvention/video-cedaw-kurz-erklaert-die-uno-frauenrechtskonvention-und-die-schweiz.html?zur=25

– CEDAW auf der Seite des Eidgenössischen Departements des Äusseren EDA: https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/aussenpolitik/voelkerrecht/internationale-uebereinkommenzumschutzdermenschenrechte/uebereinkommen-zur-beseitigung-jeder-form-diskriminierung-frau.html

– Schattenbericht: https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=INT%2fCEDAW%2fICS%2fCHE%2f46552&Lang=en