Frau vom Januar-Februar 2019

Feministische Theologinnen im Porträt: Jacqueline Sonego Mettner

Welchen Stellenwert hat feministisches Gedankengut innerhalb deiner Arbeit?
Ich bin Feministin und gehe von daher alles mit einer feministischen Perspektive an, was nicht heisst, dass ich das ständig explizit vor mir hertrage.

Wie fliesst feministische Theologie in deine Arbeit ein und wie kommt sie bei deinen Adressat*innen an?
Am deutlichsten bei der inklusiven Sprache im Gottesdienst und bei allen Texten, die veröffentlicht werden. Sie spielt eine Rolle in der Seelsorge, beispielsweise mit alten Frauen, die ich stärken will in einem selbstbewussten Rückblick auf ihr Leben und auf das, worauf sie stolz sein können. Sie zeigt sich auch in der Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, zum Beispiel in den Gesprächen zum Gottesbild oder in Traugesprächen, wo ich die Bedeutung vom «guten Streiten» ohne ideologisch zu werden für eine fröhliche Partnerschaft anspreche.

Bist du eher anwaltschaftlich (feministisch) oder eher beschreibend (gender) unterwegs?
Eher anwaltschaftlich, wobei für mich das Ziel das gute Leben für alle ist. Ich bin ebenso Anwältin der Kinder, die eine Zukunft brauchen, die nicht völlig verbaut ist von den Problemen, die wir gerade schaffen bzw. nicht lösen.

Braucht es in den Kirchen noch ‚Frauenförderung‘‘ oder ist die Gleichstellung zwischen den Geschlechtern schon Realität?
Einerseits kann die reformierte Kirche zu Recht stolz sein auf die de jure völlige Gleichberechtigung in allen Fragen. Dazu sollte sie auch in der Ökumene mit Überzeugung stehen und zwar auch theologisch als Realisierung der biblischen Grundbotschaft, dass Gott sich klar offenbart im Willen, dass jeder Mensch seine Gaben und Talente segensvoll entfalten und einbringen kann und das geht nur, wenn für alle die gleichen Möglichkeiten offen stehen.
Andrerseits stelle ich fest, dass patriarchale Denkweisen auch in der reformierten Kirche nicht überwunden sind und dass Frauen im Pfarramt oft nicht mit dem gleichen Respekt behandelt werden wie Männer. Überhaupt verbleiben in den jetzigen Kirchgemeinden tendenziell die das Konservative suchenden Menschen, was dem Feminismus nicht sehr zuträglich ist.

Wie bekommen für dich deine Überzeugungen Hand und Fuss?
Kleine Erfolgserlebnisse

Das Interview führte Esther Gisler Fischer, Dezember 2018