Frau vom März-April 2017

wibrandisWibrandis Rosenblatt (*1504 in Säckingen † 1. November 1564 in Basel) war vier Mal verheiratet und nacheinander die Frau von drei bedeutenden Reformatoren, Johannes Oekolampad, Wolfgang Capito und Martin Bucer.

Typisch für ein Frauenleben im Zeitalter der Pest war ihr Leben gezeichnet von Heirat und verwitwet werden, von zahlreichen Geburten und Sterbefällen. Speziell ist ihr aktives Engagement für die Sache der Reformation. Insbesondere beeinflusste sie – wie andere „Priester Ehefrauen“ der ersten Generation – wesentlich den neuen Rollentyp der „reformierten Pfarrfrau“ und prägte das Bild des im Entstehen begriffenen „reformierten Pfarrhauses“.

1504 Geburt von Wibrandis Rosenblatt als Tochter von Hans Rosenblatt, später Schultheiss von Säckingen (bei Waldshut) sowie kaiserlicher Feldhauptmann und Magdalena Strub, Tochter einer angesehenen Basler Gerber- und Ratsherrenfamilie. Da der Vater mehr auf den Schlachtfeldern als bei seiner Familie weilt, zieht die Mutter mit ihren Kindern später wieder zurück nach Basel.

1524 – 1526 Ehe mit Ludwig Keller
Aus ihrer Kindheit ist wenig bekannt. Ihre Familie gilt als fortschrittlich. Mit zwanzig heiratet sie den humanistisch gebildeten Magister Ludwig Keller. Gemeinsam haben sie eine Tochter. Nach nur zwei Ehejahren ist Wibrandis bereits zum ersten Mal Witwe. Wibrandis wendet sich der reformatorischen Lehre zu.

1528 – 1531 Ehe mit dem Basler Reformator Johannes Oekolampad
Der Prediger und Universitätsprofessor ist schon weit über vierzig als seine Mutter stirbt, die bis dahin seinen Haushalt führt. Nach reiflicher Überlegung entschliesst sich der Basler Reformator sich zu verehelichen und heiratet die um 22 Jahre jüngere Wibrandis Rosenblatt. Diese bringt ihre eigene Mutter und ihre kleine Tochter mit in den Haushalt.

Die Heirat eines Priesters ist gleichsam ein reformatorischer Akt, ein Bekenntnis zum «neuen» Glauben. Priesterehen erregen Anstoss und provozieren öffentliche Kritik.

In Basel äussert sich u.a. Erasmus von Rotterdam spöttisch zur Ehe Oekolampad-Rosenblatt.

Wibrandis führt die Hauswirtschaft, empfängt Gäste, beherbergt Glaubensflüchtlinge, betreut Arme und Kranke und wird Mutter von weiteren drei Kindern. Zudem werden im Haus von Oekolampad Beziehungen mit anderen Reformatoren gepflegt. So macht Zwingli Station auf dem Weg zu den Religionsgesprächen in Marburg. Auch steht Wilibrandis in brieflichen Kontakt mit andern Ehefrauen ehemaliger Priester wie mit Agnes, der Frau von Capito, Elisabeth, der Frau von Bucer und Anna Zwingli. Durch all die Besuche, Briefwechsel und Tischgespräche nimmt Wibrandis Rosenblatt regen Anteil an den Auseinandersetzungen und Debatten ihrer Zeit.

1531 stirbt Oekolampad und Wibrandis wird nach nur drei Ehejahren bereits zum zweiten Mal Witwe.

1532 – 1541 Ehe mit dem Reformator Wolfgang Capito in Strassburg
Unterdessen verliert der Reformator Strassburgs, Wolfang Capito, seine Frau Agnes durch die Pest. Dem über fünfzigjährigen Witwer mit mehreren Kindern raten seine Freunde, die um zwanzig Jahre jüngere Wibrandis zu heiraten. Dieser Ehemann ist nicht einfach, er leidet an Depressionen, ist sehr unpraktisch veranlagt und durch Bürgschaften, die er naiv übernommen hatte, in finanzielle Bedrängnis geraten. Die Pfarrfrau Wibrandis muss sehr sparsam sein, um die auch in diesem Haus üblichen Flüchtlinge und Hilfesuchenden versorgen zu können. Daneben schenkt sie ihrem Mann in neunjähriger Ehe fünf weitere Kinder. Im Pestjahr 1541 sterben Capito sowie drei ihrer Kinder an der Pest.

1542 – 1551 Ehe mit dem Reformator Martin Bucer in Strassburg
Die Pest rafft auch Bucers Frau Elisabeth hinweg. Auf dem Sterbebett lässt sie ihren Mann geloben, nach ihrem Tod Wibrandis zu heiraten. Zu den eigenen und angeheirateten Kindern nimmt Wibrandis noch eine Tochter ihres verstorbenen Bruders zu sich auf und bekommt aus dieser Ehe zwei weitere Kinder. Zusätzlich wohnen – nebst der Mutter von Wibrandis – auch Bucers Vater und dessen zweite Frau im Pfarrhaus.

1548 muss Bucer Straßburg verlassen – seine Verbannung war eine Bedingung von Karl V. für einen Friedensschluss nach der Niederlage der protestantischen Fürsten im Schmalkaldischen Krieg. Bucer geht als Theologieprofessor nach Cambridge, fühlt sich jedoch dort nicht wohl und bekommt gesundheitliche Probleme. Anlässlich eines Besuches entscheidet Wibrandis, die ganze Familie müsse nach England umziehen. Ein paar Monate später erkrankt Bucer schwer und stirbt. Er wird in Cambridge beerdigt.

1551 Nach dem Tod ihres vierten Ehemannes reist Wibrandis zusammen mit ihrer Mutter und den Kindern zurück nach Straßburg und danach weiter in ihre Heimatstadt Basel. 1564 erliegt Wibrandis im Alter von 60 Jahren selber der Pest.

 

Wibrandis Rosenblatt wurde von ihren Zeitgenossen überaus geschätzt und als schöne Frau bezeichnet. Gleichzeitig verkörperte sie gewissermassen das Idealbild christlicher Lebenspraxis bezüglich Partnerschaft, Hauswirtschaft Kindererziehung und sozialem Engagement. Sie repräsentierte die beiden Aspekte der biblischen Schwestern Martha und Maria, nämlich „Arbeitsseligkeit“ und „Gottseligkeit“ wie Bucer dies formulierte. Als Ausdruck ihrer öffentlichen Wertschätzung wird sie im Grab ihres zweiten Gatten Johannes Oekolampad im Kreuzgang des Basler Münsters beigesetzt.

Siehe auch http://frauen-und-reformation.de/?s=bio&id=45

verfasst von Catina Hieber