„Ich habe als junge Frau in der damals durch vorwiegend ältere Herren bestückten Kirchenpflege und von einem väterlich bestimmenden Pfarrer viel gelernt. Wer das Sagen hatte und wie die Entscheidungsfindung wirklich funktioniert, musste ich schmerzlich mit ein paar Abfuhren erfahren.“[1] Dies die Erfahrung einer Frau, die mit 21 in die Kirchenpflege eines Dorfes gewählt wurde. Eine Erfahrung, die sie mit vielen Frauen teilt – die einen kapitulieren, die andern beissen sich durch – nicht alle so erfolgreich wie Maya Graf aus Sissach. Wir finden, es ist höchste Zeit, unsere Frau des Monats zu sein.
Als Kirchenpflegerin hat ihre Behördentätigkeit begonnen, in diesem Jahr ist Maya Graf höchste Schweizerin. Sie präsidiert als erstes Mitglied der Grünen Partei den Nationalrat.
Im Vorwort des Jahresberichtes 2012 des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Basel-Landschaft fährt die Sozialarbeiterin und Biobäuerin weiter: “Denn auf meine jugendlich-idealistischen Forderungen hatte niemand gewartet: ein offenes Jugendlokal, Bewahrung der Schöpfung durch aktive Umweltpolitik in der Kirche, mehr Frauenanliegen in den Gottesdiensten. So lernte ich: Wie stelle ich im fünfzehnköpfigen Rat Anträge und wie begründe ich sie, damit nicht schon alle beim ersten Wort den Kopf schütteln und weghören? Wie finde ich gleichgesinnte und baue ein Netzwerk auf? Der Frauengebetstag (heute Weltgebetstag) hat mir den Kontakt zu vielen engagierten Kirchenfrauen eröffnet, eine neue Kirchenpflegerin und ein neuer junger Pfarrer mit gleicher Wellenlänge wurden zu wertvollen Verbündeten. …“[2]
Auch wenn Maya Graf heute nicht mehr aktiv in der Kirche mitarbeitet, weiss sie immer noch, wo ihre politische Karriere begonnen hat und ist sich bewusst auf welchem Fundament ihr ökologisches Engagement steht – auf dem biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung. Auch den Kirchenfrauen hat sie in keiner Weise den Rücken gekehrt. Anlässlich der 3. Schweizer Frauensynode in Basel 2004 beteiligte sie sich am Podium im Anschluss an das Referat von Professorin Andrea Maihof, an der 5. Frauensynode in Zürich 2011 sprach sie ein eindrückliches Begrüssungswort.
Maya Graf moniert zwar (Reformierten Presse Nr. 26 vom 28. Juni 2013): „Die 68er-Themen, die Frauenbewegung und auch die vom Schöpfungsgedanken geprägte Kirche der 80er Jahre sind zusehends von einem neoliberalen Denken abgelöst worden.“[3] Das Vorwort im Jahresbericht der Reformierten Kirche Basel-Land schliesst sie mit folgendem Aufruf: „Daher soll mein Aufruf an die reformierte Kirche BL und ihre Mitglieder heute sein, bei aller institutioneller Arbeit, die wichtig ist, das tägliche mutige Handeln für eine bessere Welt von morgen aktiv anzugehen. Ich bin überzeugt, dass die Kirche, die sich dafür offensiv einsetzt, zwar mehr kritisiert wird, dafür aber auch mehr Achtung und Zuspruch erhält. Auch diese Erfahrung teile ich gerne mit Ihnen.“[4]