Ich glaube an Gott, von dem wir sagen…

Ich glaube an Gott, von dem wir sagen,
er sei wie eine Henne, die ihre Kücken wärmt.
Ich glaube an Gott, von dem wir sagen,
er sei verletzlich und weine manchmal auch mit uns Menschen.
Ich glaube an Gott, von der wir sagen,
sie habe die Welt und Frauen wie Männer wunderbar und schön gemacht.

Ich glaube an den menschgewordenen Gott, von dem wir sagen,
er habe mit uns gelebt und gelitten.
Ich glaube an den Menschen, nicht aber an den Mann Jesus Christus,
empfangen durch Liebe und Lust,
geboren zwischen den Schenkeln Marias,
gelitten und in Verwahrung genommen im Namen des Gesetzes
unter dem Grölen des Volkes,
geschrien in Verzweiflung, hingerichtet,
ermordet und eines grausamen Todes gestorben am Kreuz.

Ich glaube an die Auferstehung,
wie es zuerst Maria aus Magdala und dann auch Petrus und andere bezeugt haben. Ich glaube an die Geistkraft, die Verhöhnte stark werden lässt,
den Stummen Sprache verleiht und den Kleingehaltenen Mut.
Ich glaube an die Möglichkeit von Kirche,
die lebendig wird und Gemeinschaft lebt auch ausserhalb von Kirchenmauern,
wann immer die Geistkraft es will.

Ich glaube an die Gemeinschaft der Menschen, nicht nur der Heiligen.
Ich glaube an die Vergebung, die einen Neuanfang ermöglicht,
an die Lebendigkeit trotz Tod,
an Liebe trotz Hass,
an Lebenskräfte trotz Krankheit,
und ich glaube an das ewige Leben.
Amen.

Ruth Egloff (1961-1990), in: Neue Wege 4/1990, S. 101.